Menschen sind schon merkwürdig. Meine Futter- und Streichelbeauftragte behauptete immer, sie liebe mich. Also um eines gleich klarzustellen, ich habe SIE ausgesucht und nicht umgekehrt. Ja, ich bin ein stolzer und wilder Kater und, wie ich in aller Bescheidenheit anmerken möchte, der Stärkste und der Schönste und meine Menschin habe ich mir erobert und sie stolz als solche auf allen Straßen und Gassen Wuppertals ausgerufen: Achtung! Meine Menschin! Meine, meine, meine! Hergehört! Das ist ab sofort nur meine! (Anmerkung der Redakteurin: Ich hatte zu jener Zeit ja auch bloß drei weitere Katzen, aber das ist noch eine ganz andere Geschichte.)
Meine Menschin, so stellte sich heraus, war nun auch wirklich in Ordnung, also mein Futter und so war voll okay und Streicheleinheiten bekam ich ebenfalls reichlich. Leider hatte sie in letzter Zeit immer häufiger die Angewohnheit, nachts nicht nach Hause zu kommen. Dann stellte sie mir so einen blöden Wasser- und Futterautomaten hin und hielt das wohl tatsächlich für ausreichend. Als ob das auch nur annähernd ein Ausgleich für die verwehrten Freuden wäre. Ich meine, was mögen Sie denn lieber: Ein Gourmetdinner mit persönlichem Kellner und Pipapo oder ein liebloses Sandwich aus dem 24 h Shop um die Ecke auf den Boden geknallt?
In letzter Zeit war sie auch immer wieder für längere Zeit weg. Das nervte mich ganz gewaltig. Ich bekam dann auf einmal überhaupt keine Leckerchen mehr von diesem Geizhals einer Nachbarin, die mich mitversorgen sollte, und die selbst einen übrigens eher mageren Kater ihr Eigen nannte. Oh ja! Sie hielt mich, das kann ich euch sagen, verdammt knapp mit dem Futter. Nein, das war nicht schön! (Ich schluchze allein bei der Erinnerung.)
Wenn meine Menschin zu Hause war, beschäftigte sie sich oft mit so einem komischen flachen Ding, mit dem sie ständig redete. Einmal bekam ich Leckerchen aus einem Paket, wohl im Auftrag des flachen Dings da, das anscheinend Wolfgang hieß. Da habe ich als kluges Katertier prompt das komische Ding beschmust und gaaaaanz laut geschnurrt, kann ja nicht wirklich schaden, dachte ich mir so. Na, es gab sogar im Gegenteil ein großes Hallo und wieder wurde „Wolfgang“ munter heraufbeschworen. Na ja, wer oder was auch immer das sein mochte.
Irgendwas war jedenfalls im Busch … Meine Schnurrhaare vibrierten so besonders. Und die kann man einfach nicht belügen.
Ich musste in eine Kiste mit Rädern und fuhr zu so einem seltsamen Mann. Der sprach mich kurz an, meinte dann wohl, wir kennten uns nun schon und fing einfach an, mir Spritzen zu geben und komische, vor allem unangenehme Sachen zu machen. Obendrein „durfte“ ich dort auch eine Nacht schlafen, was mir ungefähr so gut gefiel, als hätte man mich in Hundekot gebadet. Als ich dann endlich wieder fit war, bin ich abgeholt worden und wir sind nach Hause gefahren. Sehr schön. Nur … Was in Bastets Namen sollte das Ganze eigentlich?!
Pfui, meine Menschin hat mir etwas Bitteres ins Mäulchen gestopft … Pfui – Pfui – Pfui. Irgendwie macht das Bittere auch komisch im Kopf. Gift ?? Nee, kann ja nicht, die liebt mich doch.
Mitten in der Nacht musste ich dann in so eine enge Tasche und wurde erst getragen und dann mit der gleichen Kiste wie vor ein paar Tagen irgendwie an einen Ort gebracht, wo ich noch nie war. Mir war das egal, alles war mir egal, ich fühlte mich so müde. In einer langen Reihe von Menschen wurde ich immer wieder ein Stück vorwärtsgetragen, das ewige Schütteln mochte ich nicht.
Mit einem Mal saßen wir mit vielen anderen Menschen in einer langen Reihe und es wurde laut, es rumpelte und ich hatte Druck auf den Ohren. Ich schrie um mein Leben! Das konnte doch nicht gut ausgehen. So etwas ertrug doch kein Schwein! Geschweige denn ein überaus distingierter Kater wie ich. Nun denn, meine Menschin reagierte sofort (wie zugegebenermaßen allermeistens, zumindest wenn ich mein schönes Organ mit etwas Nachdruck benutze). Sie streichelte mich zärtlich, wenn auch etwas hektisch für mein sensibles Gefühl. Ich durfte sogar mal kurz aus meiner kleinen Tasche raus, aber leider wirklich nur kurz. So ein komischer Typ, der ständig den Gang hin und her lief – will ich auch! Hallo! – quatschte meine Menschin an und ich musste wieder in das kleine Transportdings zurück. Tja, zu spät, schade! Dem hätte ich doch noch zu gern mit meinen Krallen das Gesicht verschönert.
Nach sehr langer Zeit, so etwa dem Abstand zwischen zwei Portionen Leckerlies, wurde es still und ich wurde wieder getragen. Meine Menschin, die anfangs sehr gestresst gewirkt hatte, übrigens doch merkwürdig, wo der ganze Unsinn doch auf ihrem Mist gewachsen war, wurde nun langsam wieder ruhiger. Dennoch, anstatt schön im Garten den mageren Nachbarskater zu vermöbeln, zugegebenermaßen eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, wurde ich wie blöde durch die Gegend getragen.
Draußen war es jetzt plötzlich viel wärmer als vorhin und die Geräusche waren anders, ganz zu schweigen von den Gerüchen in der Luft …
Nach kurzer Zeit wurden wir von einem Typen begrüßt und wieder in eine rollende Kiste gesetzt. Jetzt durfte ich schon mal mein hübsches, cleveres Köpfchen aus der Tasche strecken und alles genauer in Augensschein nehmen. Meine Menschin und der Typ waren offenbar sehr vertraut miteinander. Sie hielten lachend ihre kleinen flachen Bretter mit den Händen hoch, fuchtelten damit durch die Luft, giggelten wieder etwas von Wolfgang und zeigten dabei auf mich. Ich schaute dabei möglichst intelligent aus der Wäsche, was mir ja naturgemäß nicht allzu schwer fällt und ließ sie ansonsten einfach machen.
Endlich blieb die rollende Kiste stehen und ich wurde wieder getragen. Irgendwie waren wir am Ziel angekommen und ich durfte aus der Tasche heraus. Ein wirklich schönes, sauberes Klo in den von mir geschätzten und gewohnten Maßen wurde mir als erstes vorgeführt. Ich nahm es entsprechend geneigt zur Kenntnis.
Ansonsten bin ich erst einmal herumgelaufen und habe, da mir die unangenehmen Erfahrungen der letzten Wochen und Tage noch im Nacken saßen, zunächst ausschließlich nach guten Versteckmöglichkeiten Ausschau gehalten.
Ich war die nächsten Tage also immer wieder einmal nicht auffindbar, bis ich dann nach und nach Folgendes feststellen durfte:
1. Ich hatte nun statt einer ergebenen Dienerin noch einen weiteren dazu, der mir übrigens die besten Rindersteaks brät, weit und breit, was mich zum zweiten Punkt führt:
2. Das Futter, das auch schon vorher nicht schlecht war, erlebte hier noch einmal einen wahren Kick nach vorn: Gegrillte Garnelen, portugiesischer Käse, gebratener Fisch – dies und vieles mehr fliegt mir hier ins Katzenmäulchen.
3. Ein bisschen schade, aber im Großen und Ganzen sehr erholsam: In meinem Lagoenser Königreich begegnet mir keinerlei kätzische oder gar hündische Konkurrenz. Leider kann ich nun den Wuppertaler Magerkater auch nicht mehr vertrimmen. Kleiner und erträglicher Nachteil eines ansonsten perfekten Paradieses.
4. Sobald ich nur leise maunze oder mein Köpfchen ein bisschen niedlich recke, gilt mir von Seiten meiner beiden Menschen die absolute, ungeteilte Aufmerksamkeit. Sobald ich aber mich, wo ich es gerade lustig finde, hinlege und die Augen schließe, hält jeder zu mir gebührende Distanz und tänzelt vorsichtig – wie es sich natürlich gehört – um mich herum. Nein, nein, natürlich erwarte ich das alles nicht! Es ist nur so … Ganz offen gesagt … Einfach völlig selbstverständlich!
Ich bin eben ein Lagoenser Kater, hergereist mit Siebenmeilenstiefeln. Ich bin weit und breit der Allerallerbeste, einfach in allem, was ich bin und tue, wie ich an dieser Stelle höchst bescheiden zugeben muss. Und auf jeden Fall bin ich für meine Menschen dies: Eine heilige Kuh an der Algarve!
Und das bitteschön bleibe ich nun auch.